Samstag, 29. Dezember 2012

Letzte Sätze #56

"'Gute Arbeit, mein Held. Zum Glück kann ich prima schwimmen.
Während ich sicher bin, dass ich endlich gefunden hatte, wonach ich suchte, bist Du wieder daheim. Und da ich mir nie erlauben würde, mich einzumischen - jedenfalls nicht unaufgefordert -, muss meine Suche weitergehen, doch jetzt habe ich immerhin einen Maßstab.
Ich achte die Familie sehr - das hast Du bestimmt nicht gewusst.
Aber vielleicht ändere ich eines Tages meine Meinung - und Du womöglich auch.'
Die Karte war mit dem so vertrauten 'S.' unterschrieben."
C.J. Box, "Todfeinde"

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Geschichte im Thriller: Dominique Manotti

Sie arbeitete als Historikerin, war Funktionärin der sozialistischen Gewerkschaft CFDT und schreibt seit einigen Jahren die wohl besten Politthriller Europas: Dominique Manotti. Am 24. Dezember wurde die Französin 70 Jahre alt.

Klein, angegrautes Haar, blaue Augen in einem fast faltenlosen Gesicht, das gerne lacht. Wer Dominique Manotti nicht kennt, dürfte kaum glauben, dass diese nette ältere Dame die derzeit wohl besten Politthriller schreibt. Furiose Spannungsromane, die gespickt sind mit Action, überraschenden Wendungen und all den Zutaten, die einen das Buch nicht aus der Hand legen lassen. Dabei exzellent geschrieben, mit Sinn für Stil, Rhythmik und präzise Dialoge.

Jeder Roman der vielfach preisgekrönten Autorin ist eine Momentaufnahme aus der jüngeren französischen Geschichte, die historische Wahrheit, soziale Realität und literarische Fiktion verbindet. Darin ähnelt Manottis Werk dem ihres literarischen Vorbilds James Ellroy (Underworld USA“) ohne jedoch die Manierismen des US-Autors zu kopieren. Das zeigte schon der Debütroman der damals 53-Jährigen: Hartes Pflaster“ (1995) spielt im Milieu der in Frankreich Sans-Papiers genannten illegalen Immigranten, die für Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse kämpfen.

Geschichtsschreibung im Thrillerformat, hart, desillusioniert, analytisch das ist auch Roter Glamour“ (2001), Manottis schonungsloses Porträt der Mitterand-Ära. Hier zeichnet die Autorin das Panorama einer hemmungslosen Politikerkaste, die sich korrupter Polizisten und Geheimdienstler bedient, aber auch vor der Zusammenarbeit mit Gangstern nicht zurückschreckt.

Das schwarze Korps“ (2004) springt in die letzten Tage der deutschen Besetzung Frankreichs. Hier entmystifiziert die gebürtige Pariserin die Befreiung der französischen Hauptstadt als chaotischen Zusammenbruch der Ordnungsmacht, den französische Gestapo-Kollaborateure zu brutalen Raubzügen ausnutzen um sich für einen guten Start in eine neue Ära auszustatten.

2006 folgte Letzte Schicht“: Wohl nirgendwo sonst ist es einem Autor gelungen, anhand eines Streiks in einer kleinen Fabrik der französischen Provinz große Wirtschaftspolitik zu erklären. Hintergrund ist die Privatisierung des französischen Thomson-Rüstungskonzerns in den neunziger Jahren. In Einschlägig bekannt“ (2010) schildert die Autorin den Aufstand der Jugendlichen in den Banlieues genannten Vorstädten von Paris. Ihnen stehen zumeist rassistische Polizisten gegenüber, die ihre Gewaltexzesse durch rechtskonservative Karrieristen in Polizeiführung und Politik gedeckt sehen Sarkozy lässt grüßen.

Die ehrenwerte Gesellschaft“ (2011) schließlich, ein Gemeinschaftswerk mit dem unter Pseudonym veröffentlichenden Drehbuchautor DOA, spielt im Vorfeld des jüngsten Präsidentschaftswahlkampfs. Die Skrupellosigkeit, die die Autoren den Spitzenpolitikern ihres Landes hier attestieren, dürfte alle erblassen lassen, die unser Nachbarland immer noch gern mit dem Schleier einer Toujours liberté“-Romantik verklären.

Das Handwerkszeug zur Recherche ihrer Stoffe beherrscht die Autorin aus dem Effeff. Manotti studierte von 1960 bis 1966 an der Sorbonne Geschichtswissenschaften, wurde 1969 Assistentin für neuzeitliche Wirtschaftsgeschichte in Vincennes und forschte zuletzt an der Universität Paris VIII in Saint-Denis.

Die Objektivität der Wissenschaftlerin bedeutet aber nicht, dass ihre Romane nicht parteiisch wären: Manottis Sympathie gilt stets denen, die sich den Zentralen der Macht widersetzen, den Arbeitern, den Immigranten, den scheinbar Machtlosen. Hier zeigt sich die von der 68er-Bewegung geprägte Funktionärin der sozialistischen Gewerkschaft CFDT, die sich aus Enttäuschung über die Politik Mitterands aus der Politik zurückzog und ins literarische Fach wechselte.

Dennoch lässt sich Manotti nie dabei erwischen, dem Bedürfnis des Lesers nach einfachen Erklärungen entgegenzukommen. Pauschalisierendes Schwarz-Weiß ist ihre Sache nicht, niemand ist je nur gut oder nur böse. Sicher, es gibt sie auch hier: die Monster, die Fieslinge, diejenigen, die immer groß absahnen und stets zu den Gewinnern gehören. Und auf der anderen Seite sind da die Helden, die Verlierer, die Opfer und die vielen, die gerade noch mal davonkommen. Doch gestattet Manotti jeder Figur Zwischentöne, verstörende Widersprüche, eben das, was nicht ins Bild passt. Vielleicht macht gerade dies die besondere Klasse dieser Autorin aus. Am vergangenen Montag wurde Dominique Manotti 70 Jahre alt.

Dominique Manotti, "Das schwarze Korps" (Argument ariadne, 280 Seiten, 17,90 Euro)

Erschienen in der Nordsee-Zeitung, 22. 12. 2012, S. 6

Mittwoch, 26. Dezember 2012

Letzte Sätze #55

"Als der Schnaps endlich anschlug und die Musik losging, setzte ich mich hin, sah den nackten Weibern bei ihrer Gymnastik zu und versuchte verzweifelt, auf Touren zu kommen."
James Ellroy, "Liebestraum", in: James Ellroy, "Hollywood, Nachtstücke"

Sonntag, 23. Dezember 2012

Rock Candy Baby by Dick Contino



"Zeitmaschine mit Raketenantrieb ...
Die Geschichte dreht sich um den Trucker/Rennfahrer/Sänger Phil 'Daddy-O' Sandifer, der den Mord an seinem besten Freund aufzuklären versucht, was dadurch erschwert wird, dass man ihm den Führerschein entzogen hat. Phils Kumpels 'Peg' und 'Duke' wollen ihm helfen, sind dazu aber viel zu benebelt, weil sie sich die Nächte im Rainbow Gardens um die Ohren schlagen, einem Halbstarkentreff, wo Phil gratis und auf Zuruf Doo-Wop-Schnulzen schmettert. Egal: Daddy-O lernt die aufreizende Jana Ryan kennen, ein Mädchen aus gutem Hause mit gültigem Führerschein und einem 57er T-Bird-Cabrio. Aus gegenseitiger Abneigung wird sexuelle Anziehung; Phil und Jana tun sich zusammen und verdingen sich zum Schein im Nachtclub des zwielichtigen Fettsacks Sidney Chillis. Der Sänger Daddy-O und das Zigarettenmädchen Jana, ein ebenso attraktives wie schlagkräftiges Duo. Sie kommen schnell dahinter, dass Chillis Big 'H' verdealt, ste...llen ihm eine Falle und kaufen sich den Dickwanst wegen des Mordes an Phils bestem Freund. Das Ganze gipfelt in einer wilden Verfolgungsjagd; bleibt die brennende Frage: Wird Daddy-O als Lohn für seinen Wagemut den Führerschein zurückbekommen?
Wer weiß?
Was soll's?
Ich musste mir den Streifen ohnehin dreimal ansehen, um den Inhalt halbwegs korrekt wiedergeben zu können.
Weil Dick Contino mich in seinen Bann schlug.
Weil ich - instinktiv - wusste, dass er die entscheidenden Antworten parat hatte.
Weil mir klar wurde, dass er wie ein unsichtbarer Geist über meinem 'Quartett' von L.A.-Romanen schwebte, ein Phantom, das endlich sprechen wollte.
Weil ich spürte, dass er mir tonnenweise Hintergrundmaterial liefern, meine Erinnerungslücken schließen und auf diese Weise ein gestochen scharfes Bild der Stadt Los Angeles in den späten 50ern zeichnen konnte.
Weil ich zu erkennen glaubte, dass sich Rolle und Privatperson von 1957 in weiten Teilen deckten, ein Gemisch, das in den vergangenen fast fünfunddreißig Jahren an Sprengkraft vermutlich noch gewonnen hatte.
Contino auf der Leinwand: ein hübscher Italiener Ende zwanzig mit strammem Bizeps, entweder vom Hanteltraining oder dem Liebesspiel mit seinem Akkordeon. Ein Bilderbuch-Mädchenschwarm: strahlend weiße Zähne, dunkle Locken, sympathisches Lächeln. Trotzdem leidet er unter den modischen Verirrungen der 50er: bis unter die Achselhöhlen hochgezogene Röhrenhosen, quergestreifte Ban-Lon-Hemden. Er sieht gut aus und kann singen; mit 'Rock Candy Baby' hat er Schwierigkeiten - der Text ist beschissen, und swingende Uptemponummern wie diese liegen ihm ganz offensichtlich nicht -, aber bei dem Schubidu-Schmachtfetzen 'Angel Act' - einem Song über den klassischen Loser, der einer 'Noir'-Göttin verfallen ist, die sein Leben in Schutt und Asche legen wird - tropft ihm buchstäblich der Schmalz von den Stimmbändern, so sterbensschön lässt er seinen Bariton vibrieren.
Schauspielern kann er auch: Er ist offenkundig ein Naturtalent und fühlt sich vor der Kamera wohl. Irre: Wenn er den Mund aufmacht, werden aus schauderhaften immerhin mittelmäßige Dialoge.
Und er ist stolz darauf, in 'Daddy-O' die Hauptrolle zu spielen - er schämt sich weder für das Drehbuch noch für seine Partner oder einen Text wie: 'Rock Candy Baby, that's what I call my chick! Rock Candy Baby, sweeter than a licorice stick!' -, obwohl er nach dem bisschen, was ich über ihn weiß, auf der Karriereleiter schon mal ein paar Sprossen höher stand.
Ich beschloss, Dick Contino ausfindig zu machen."
James Ellroy, "Schatten der Vergangenheit", in: James Ellroy, "Hollywood, Nachtstücke"

Samstag, 22. Dezember 2012

Letzte Sätze #54

"'Nun', sagte Carol. 'Es scheint so ziemlich vorbei zu sein, Doc.'
'Ja', sagte Doc. 'So ziemlich, Carol.'
'Du!' sagte sie schroff, und ihre Stimme klang plötzlich zornig, ängstlich, gequält. 'Ich werde auf dich trinken, Doc, Liebling!'
'Wie reizend von dir', sagte Doc und stieß mit ihr an.
'Und wie soll der Trinkspruch lauten?'
'Auf dich! Auf dich und unsere erfolgreiche Flucht!'
'Und auf dich, mein Liebes', sagte Doc. 'Und auf einen weiteren Sieg dieser Art.'
Jim Thompson, "Getaway"

Montag, 17. Dezember 2012

Letzte Sätze #53

"'Verschwinde, wir können dich hier nicht gebrauchen.'
Der Dorftrottel lächelte den Brigadier an.
'Sie brauchen meinen Hund!', posaunte er. 'Sie brauchen meinen Hund! Er ist ein Polizeihund! Sehen Sie denn nicht, dass er den Revolver unter dem Bauch trägt!'"
Jean-Patrick Manchette/Jean-Pierre Bastid, "Lasst die Kadaver bräunen!"

Sonntag, 16. Dezember 2012

Letzte Sätze #52

"Von nun an kommen aus der Region des Goldenen Halbmonds 70 Prozent des in Europa konsumierten und 20 Prozent des für den nordamerikanischen Markt bestimmten Heroins. Damit ist sie eine ernstzunehmende Konkurrenz für das Goldene Dreieck (Burma, Thailand, Laos)."
Dominique Manotti, "Hartes Pflaster"

Freitag, 14. Dezember 2012

Dienstag, 11. Dezember 2012

Letzte Sätze #50

"Während ich mich gegen den Wind zuknöpfte, erinnerte ich mich an die Kneipe in Newry. Sutton hatte den 'Jagdhund des Himmels' gekrallt und gesagt: 'Francis Thompson ist brüllend gestorben; so sterben alle Alkis!' Ich konnte das nicht überprüfen. Der Wind war zu laut."
Ken Bruen, "Jack Taylor fliegt raus"

Montag, 10. Dezember 2012

Letzte Sätze #49

"Meine Augen waren nass. Erst dachte ich, es wäre Blut, dann wurde mir klar, dass es Tränen waren. Die Frau massierte mir immer noch die Schulter, und ich hörte, wie sie zu jemandem sagte, ich glaube, ich hörte sie sagen: Es ist sein Sohn. Ich weiß, dass sie mir weiter die Schulter knetete."
Ken Bruen, "Jack Taylor und der verlorene Sohn"

Samstag, 8. Dezember 2012

Gedanken für Leser

"Das berühmte 'Glücksversprechen' findet sich in den beängstigenden Texten des Mannes aus Prag, und es findet sich noch in den erschreckendsten Romanen von Robin Cook. Er schrieb entsetzliche Dinge, weil er gegen das Entsetzen schrieb. Jemand, der so heftig gegen das Schlimmste kämpft, hat sicherlich 'die Axt für das gefrorene Meer in uns' in der Hand, und das ist schön, und die Schönheit macht glücklich, zumindest diejenigen, die sich nicht vorstellen, dass das Glück Behaglichkeit ist."
Jean-Patrick Manchette, "Notes noires", "Polar" (2. Folge) Nr. 14, Januar 1995, in: Jean-Patrick Manchette, "Chroniques - Essays zum Roman noir"

Freitag, 7. Dezember 2012

Letzte Sätze #47

"Ich trank einen Schluck Gin und stand auf. 'Ich will nichts', sagte ich.
'Überhaupt nichts?'
'Nichts, was mir jemand geben könnte', sagte ich und zog mit dem Bambusstecken das Schwungseil heran. Der Senator setzte sein Glas ab, stand auf, zog gewissenhaft den Bauch ein, damit er nicht über die Badehose quoll, und kletterte aufs Geländer. Er fasste das Seil und segelte ab. Als ich dem Senator beim Fallen zusah, fragte ich mich, wie wohl gerade das Wetter in Dubrovnik war."
Ross Thomas, "Der Yellow-Dog-Kontrakt"

Montag, 26. November 2012

Letzte Sätze #46

"Ich bin zu aufgeregt, um mich zu setzen", sagt Lloyd. Er ging auf und ab, blickte den Weg entlang und sah voller Verwunderung seine Hände an. Schließlich blieb er vor Parker stehen und sagte: "Du wirst es also nicht tun."
"Nicht nötig", sagte Parker.
"Gut." Lloyd blickte sich um. Er war jetzt ruhiger und lächelte. "Riechst du die Bäume?", sagte er. "Wie gut die riechen."
Richard Stark, "Der Gewinner geht leer aus"

Freitag, 23. November 2012

Letzte Sätze #45

"Ja, das wär's dann wohl. Es sei denn, dass sie unsereinem da drüben noch eine Chance geben. Unsereinem.
All den Leuten, die von Anfang an die schlechtesten Karten hatten. Die sich so viel gewünscht und die so wenig bekommen haben. Die es so gut meinten und für die es so schlecht ausgegangen ist. Mir, Joyce Lakeland, Johnnie Pappas, Bob Maples, dem dicken Elmer Conway und der kleinen Amy Stanton. Uns allen.
Uns allen."
Jim Thompson, "Der Mörder in mir"

Donnerstag, 22. November 2012

Letzte Sätze #44

"Gegenwärtig ist DeAndre McCullough, drogensüchtig und gelegentlicher Drogendealer, noch unter uns."
David Simon/Ed Burns, "The Corner"

Dienstag, 20. November 2012

Letzte Sätze #43

"Die Schwalbenmutter betrachtete ein letztes Mal das leblose Vogelkind. Dann hob sie sich in die Lüfte und flog davon. Sie war nicht glücklich, aber sie zwitscherte."
Roberto Costantini, "Du bist das Böse"

Sonntag, 18. November 2012

Letzte Sätze #42

"Ich mache mich wieder auf den Weg, und bevor ich über den Hügelkamm komme, drehe ich mich ein letztes Mal um. Die zwei Jungens stehen auf den gefällten Bäumen der Sperre und winken. Eine Stunde brauche ich bis zum Creek. Ich gehe an den Iname- und Tarofeldern des Ganem-Stamms entlang, als zwei Helikopter den Himmel zerreißen; sie folgen dem Wasserlauf. Ich beobachte, wie sie in ...
die Bucht hinabtauchen. Die ersten Schüsse krachen und vertreiben die Vögel aus dem Wald in alle Winde. Ein Satz kommt mir wieder in den Sinn.
- Fragen stellt man sich früher ... In so einem Moment wären sie das sicherste Mittel, gar nichts zu tun.
Mein Körper macht kehrt."
Didier Daeninckx, "Reise eines Menschenfressers nach Paris"

Mittwoch, 14. November 2012

Letzte Sätze #41

"Also steckte ich die Hände in die Taschen und folgte dem Sergeanten nach unten in den strömenden Regen. Der Morgen des ersten März dämmerte herauf, eine Zeit der Stürme, und vom Osten blies fast ein Orkan die Themse herauf. Zum ersten Mal, seit ich mir mit sechzehn beim Fußballspielen den Arm gebrochen hatte, hatte ich Tränen in den Augen. Aber die Tränen waren nicht für mich - sie waren für die gerechte Wut der Menschen."
Derek Raymond, "Ich war Dora Suarez"

Montag, 12. November 2012

Letzte Sätze #40

"Dann ging der Moment vorüber, und die Bar schien wieder zum Leben zu erwachen. Mit einem metallischen Geräusch ruckte die Jukebox wieder an, und ein bekanntes Lied ertönte. Sie saßen da und warteten auf Damian, warteten auf jeden erdenklichen Wahnsinn, der auftauchen würde. Sie klopften abwesend mit den Fingern gegen ihre leeren Gläser und fühlten sich zum ersten Mal, seit sich erinnern konnten, wieder lebendig."
Tony O'Neill, "Sick City"

Sonntag, 11. November 2012

Letzte Sätze #39

"Die Veranda dort drüben diente als Rumpelkammer: Fahrräder, Rasenmäher, Mülltonnen, Eisschrank. Sie schirmte den Eingang einer imposanten Höhle ab, die in den Felsen gehauen war. Der erste Raum, gewölbt, fünf oder sechs Meter hoch, durch einen Lichtschacht erhellt, war von drei Türen durchbrochen, die zu einer Reihe bescheidenerer Räume führten. Im Schutz der näher kommenden Akkorde, die auf den Saiten angeschlagen wurden, drangen sie in das Zimmer vor, das als Wohnzimmer diente."
Didier Daeninckx, "Nur DJs gibt man den Gnadenschuss"

Sonntag, 4. November 2012

Letze Sätze #38

"Er schaute vom Fenster aus zu und begriff, dass er nichts mehr im Griff hatte."
Pete Dexter, "Train"

Donnerstag, 1. November 2012

Letzte Sätze #37

"Der Stein in seiner Hand wurde plötzlich schwerer, kühler, aber schwerer. Er löste sich von Angela, machte einen Schritt nach links und schleuderte den Stein hinaus ins All. Den Aufschlag hörte er nicht mehr. Da lief er schon mit seiner Frau durch den Sand, auf der Suche nach einer Bar, die noch geöffnet hatte."
Åke Edwardson, "Der letzte Winter"

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Letzte Sätze #36

"Seltsame Leute, diese Menschen, dachte Bang Bang und warf das Schleierhütchen auf den Boden. Er holte tief Luft und betrat das Unterholz. Dann war er weg."
Rob Alef, "Bang Bang stirbt"

Dienstag, 30. Oktober 2012

Letzte Sätze #35

"Donna Loredana riss die Augen weit auf und fragte überrascht: 'Ist das alles? Haben Sie persönlich keinen Wunsch?'
'Doch. Verlassen Sie meine Wohnung!'"
Massimo Carlotto, "Little Dream", in: Giancarlo De Cataldo (Hg.), "Denn dein ist das Böse"

Montag, 29. Oktober 2012

Letzte Sätze #34

"Und was es ebenfalls immer wieder gibt, sind Hunde mit langen Ohren und kurzen Beinen, die nicht bellen und nicht mit dem Schwanz wedeln. Anscheinend herrenlos. Und dann sind da auch noch herrenlos dastehende Schirme. Wohl dem, der solche Hunde an seiner Seite weiß und solche Schirme über seinem Haupt."
Heinrich Steinfest, "Wo die Löwen weinen"

Sonntag, 28. Oktober 2012

Letzte Sätze #33

"Er zog den Ringverschluss von der Bierflasche, hob den Arm, als proste er jemandem am Horizont zu, und warf einen langen Blick aufs Giesinger Meer westlich seiner nach Farbe und Holzpolitur riechenden Wohnung in der Scharfreiterstraße 1d.
Manche Menschen, dachte er, werden erst durch ihr Verschwinden sichtbar."
Friedrich Ani, "Süden"

Samstag, 27. Oktober 2012

Letzte Sätze #32

"Shaft lehnte sich zurück und schloss die Augen. Im Taxi war es warm, und seine Gedanken begannen zu wandern. Zuerst würde er sein Büro ausbrennen, diese gottverdammte Tuntenfantasie einfach in Flammen aufgehen lassen. Und dann ... tja, was dann? Irgendwie musste er das Geld ja ausgeben. Aber ihm fiel sicher was ein.
'Mir fällt immer was ein, Norman', sagte er.
Und das stimmte auch."
Ernest Tidyman, "Shaft und die sieben Rabbiner"

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Letzte Sätze #31

"Hausmeister Fitz verzog den Mund. Mit gerunzelter Stirn sah er zu Pachulke hoch. 'Ich mach das doch für Sie und die anderen Mieter. Sie sollen sich hier wohlfühlen.'
Pachulke nickte. 'Ich weiß. Wir sind alle Altruisten.'"
Rob Alef, "Kleine Biester"

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Letzte Sätze #30

"Auf dem Rückweg hielt er kurz in Goyder an, um seine Fingerabdrücke in Lettermans Valiant zu beseitigen. Viel später in der Nacht kam er auch in die Nähe von Leahs Wohnort, doch er verschwendete keinen Gedanken an sie. Vielleicht irgendwann einmal, wenn er sein Geld von den Mesics zurückbekommen hatte und ihm gerade kein Auftragskiller auf den Fersen war."
Garry Disher, "Dreck"

Freitag, 19. Oktober 2012

Abgründe in Bergwelten: Mit C. J. Box in die Rocky Mountains


Die Rocky Mountains von Wyoming sind ein Paradies für Naturliebhaber, Wintersportler und Abenteuerurlauber. Dass es dort nicht immer paradiesisch zugeht, zeigt Ihnen der Wildhüter Joe Pickett, der Serienheld von C. J. Box. 
Mögen Sie unberührte Natur? Fahren Sie gern Ski, lieben Sie den Nervenkitzel des Wildwasser-Raftings oder erholen Sie sich einfach nur gern beim Wandern? Ach, Sie beobachten gern Tiere? Dann steigen Sie doch einfach in den Pick-up und begleiten Joe Pickett in dem soeben erschienenen Roman „Todfeinde“ in die Teton Range, eine Bergkette am Ostrand der Rocky Mountains von Wyoming – dort gibt es alles im Überfluss.
Vielleicht haben Sie ja wie Joe Ihr Reiseziel schon „Dutzende Male auf Fotos, Gemälden und Briefmarken sowie in Filmen“ gesehen. Und dennoch „spürte Joe sein Herz hüpfen, als der Wald südlich des Yellowstone Parks sich kurz öffnete und die Tetons sich im Licht des späten Nachmittags gewaltig vor ihm erhoben (…), die wie rasiermesserscharfe Säbel zum Himmel strebten, als wollten sie ihn aufschlitzen“.

Es geht allerdings nur langsam voran: „Riesige Wohnmobile verstopften die Landstraße. Am Steuer saßen durchweg Senioren, für die das Tempolimit von neunzig Stundenkilometern offenbar eine Herausforderung war, der sie sich nicht zu stellen wagten.“ Und Joe muss aufpassen, weil „bei der Sichtung eines Elchs, Wapitis oder Bären die Touristen auf die Bremse treten und mit Fotoapparaten und Camcordern aus den Autos springen würden, ohne sich vorher die Mühe zu machen, auf den Seitenstreifen abzubiegen“.

Joe Pickett ist der Held der Romane von C. J. Box, einem US-Autor, der in seiner Heimat fast jeden Preis erhalten hat, den ein guter Krimiautor gewinnen kann. Zwölf Joe-Pickett-Romane sind schon erschienen, fünf davon ins Deutsche übertragen von Andreas Heckmann. Pickett, „Mitte dreißig, schlank und durchschnittlich groß“, ist verheiratet mit der Buchhalterin Marybeth, der „Frau seines Lebens“, und Vater von zwei bezaubernden Töchtern (Lucy, 8, und Sheridan, 13). Er ist Jagdaufseher, muss mit einem Jahressalär von 36 000 Dollar auskommen und wohnt mit seiner Bilderbuchfamilie in einem bescheidenen Haus in den Bighorns am Rande der Rocky Mountains.

Klingt langweilig, sagen Sie? Ist es aber nicht. C. J. Box zeichnet lebendige, liebenswerte Menschen, die das Interesse des Lesers wecken und ihn an ihrem temperamentvollen, nicht immer konfliktfreien Alltag teilhaben lassen. Auch Joe Picketts Job ist keineswegs so idyllisch, wie man glauben könnte: „In einem Bundesstaat und einer Gemeinde, in dem die Männer sich im Herbst auf der Straße mit der Frage ‚Haben Sie Ihr Wapiti schon erwischt?‘ begrüßten, spielte der Jagdaufseher eine wichtige Rolle.“

Das gilt besonders für die Tetons, wohin Joe gerade unterwegs ist: „In diesem Bezirk ist alles riesig“, warnt ihn sein Chef: „Die Herden sind größer als jede, der Sie je in den Bighorns begegnet sind. (…) Also werden Ihnen hier entlang der Wanderrouten auch deutlich mehr Jäger begegnen. Und es gibt mehr Grizzlys, Wölfe und Pumas als irgendwo sonst.“

Teton gilt auch als Jagdbezirk mit enormem Konfliktpotenzial. „Es scheint so, als wären dort alle Extreme versammelt: Jäger gegen Tierrechtsaktivisten, Bauunternehmer gegen Umweltschützer, Arme gegen Reiche, Grundeigentümer aus anderen Bundesstaaten gegen einheimische Bauerntölpel, Bärenfallen aufstellende Wilderer gegen glückliche Wanderer.“

Joe soll den Bezirk kommissarisch übernehmen, bis ein Nachfolger für einen Kollegen gefunden ist, der sich unter mysteriösen Umständen eine 44er in den Mund geschoben hat. Dass Joe nicht nur Jäger und Angler kontrollieren, sondern auch die Todesumstände klären will, stürzt ihn in Verwicklungen, die noch weitaus gefährlicher sind als die Wildnis der Berge. Denn: „‚Die Gegend hier ist etwas Besonderes. (…) Wegen all der Millionäre und Milliardäre hat der Landstrich das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Vereinigten Staaten. Es gibt hier Leute, die meinen, sie müssten sich nicht an die Regeln halten. Und wissen Sie was?‘ Der Sheriff zog die Augenbrauen hoch. ‚Das müssen sie auch nicht!‘“ Joe Pickett zu begleiten, erfordert also in jedem Fall etwas Mut. Wer aber spannende Abenteuer vor a temberaubender Kulisse nicht scheut, darf sich ihm getrost als Reiseführer anvertrauen.

C. J. Box, "Todfeinde" (Heyne Tachenbuch, 400 Seiten, 9,99 Euro)

Erschienen in der Nordsee-Zeitung, 17. 10. 2012, S. 6, im Rahmen der Serie "Mörderische Reisen"

Letzte Sätze #29

"- Jetzt sind wir angekommen, sagst du.
- Jetzt sind wir angekommen, sagt er.
Zwei Männer in einer Küche.
In einem verfallenen Hotel.
Auf einer Klippe.
Allein.
Kein Ich mehr, kein Er mehr.
Nur eins bleibt noch übrig.
Du."
Zoran Drvenkar, "Du"

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Letzte Sätze #28

"Durch die zerbrochenen Scheiben drang von unten der unheilvolle Lärm herbeirasender Mannschaftswagen der Polizei herauf.
'Hören Sie zu, mein Alter, und notieren Sie fix', erklärte Treuffais, während er die Leichen anschaute. 'Ich werde Ihnen jetzt die kurze und vollständige Geschichte der Gruppe Nada erzählen ...'"
Jean-Patrick Manchette, "Nada"

Freitag, 12. Oktober 2012

Letzte Sätze #27

"Henna hatte nur das Notwendigste mitgenommen: die Katze, die Wodkaflasche und einen Koffer voller Geld.
Ob Victor sie noch erkennen würde?"
Tapani Bagge, "Schwarzer Himmel"

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Letzte Sätze #26

"Vielleicht bewirkte dieses rote Rinnsal, das seinen Mund in die Breite zog, dass es so aussah, als lächle er."
Georges Simenon, "Bellas Tod"

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Letzte Sätze #25

"'Ich überlege ständig, ob ich Sie nicht doch hätte drankriegen können.'
'Sehen Sie's positiv', sagte Parker. 'Da wird Ihnen wenigstens nicht langweilig.'"
Richard Stark, "Irgendwann gibt jeder auf"

Dienstag, 9. Oktober 2012

Das andere Amerika: Mit Daniel Woodrell in den Ozarks


Eichenwälder, Wiesen und Weiden – die Ozarks in Missouri und Arkansas sind das grüne Herz Amerikas und ein Paradies für Naturliebhaber. Dass sie auch das dunkle Herz Amerikas sind, zeigen die Romane von Daniel Woodrell.
Grüne Hügel säumen den Horizont, wildes Gesträuch drängt an die Schotterstraßen, in den Bäumen singen Vögel, Hummeln brummen von einer Wildblume zur nächsten, Bäche plätschern – das Herz könnte einem aufgehen. Doch was sich in den Romanen des US-Autors Daniel Woodrell („Winters Knochen“) als Paradies für Naturliebhaber präsentiert, ist kein Ort für Zartbesaitete.

Nein, in diesem vergessenen Landstrich in der Mitte des Kontinents schlägt auch das finstere Herz Amerikas. Jenes Amerikas, in dem neben gottesfürchtigem, nicht selten bigottem Kleinbürgertum und ein paar wohlhabenden Landbesitzern die Armut zu Hause ist, der „white trash“ („weißer Abschaum“). Verdreckte Kinder spielen auf heruntergekommenen Farmen, es wird gewildert und geklaut, was das Zeug hält, ganze Familien leben in Ermangelung regulärer Jobs vom Meth-Kochen.
Wir sind in den Ozarks, einem von Tälern und Seen durchzogenen Hochplateau im Grenzgebiet von Kansas, Missouri, Arkansas und Oklahoma. Einer Gegend, die die meisten Amerikaner nicht mal vom Hörensagen kennen, „weil sie stets nur in Tausenden Kilometern Höhe darüber hinwegfliegen – von einer Küste zur anderen“, wie Woodrell bei seiner Lesereise durch Deutschland jüngst anmerkte.

Woodrell, Jahrgang 1953, kennt sich in den Ozarks aus. Hier wurde er geboren, und hierher kehrte er zurück, nachdem er mit 17 die Highschool verlassen, sich zu den Marines gemeldet und anschließend ein wildes Leben geführt hatte – wie das in den siebziger Jahren so angesagt war. Zum Glück kam der „Balladensänger des weißen Abschaums“ (taz) dann doch ans College, studierte englische Literatur – und zählt heute zu den wichtigsten Autoren der amerikanischen Gegenwartsliteratur. Er erhielt nicht nur den Preis des amerikanischen P.E.N., sein jetzt auf Deutsch vorliegender Roman „Der Tod von Sweet Mister“ eroberte auch auf Anhieb die deutsche Krimi-Bestenliste.
„Country-Noir“ heißt das Etikett, das man Woodrells Romanen aufgeklebt hat. Das kommt nicht von ungefähr: Die schöne Landschaft ist bei ihm Kulisse einer harten Lebenswirklichkeit von Menschen, die es sich nicht ausgesucht haben, in ein kleinkriminelles Umfeld hineingeboren zu werden. Von Menschen wie dem pubertierenden Shug Akins, den sein brutaler Stiefvater im zarten Alter von 13 Jahren zwingt, in die Häuser todkranker Menschen einzusteigen, um ihnen ihre Medikamente zu klauen: „Na, komm schon, Fettsack, auf geht’s – tu mal so, als seist du ein Affe, und flitz das Fallrohr rauf.“
Keine Frage: „Shuggie“ muss erwachsen werden – und zwar schnell. Das findet auch seine Mom, die trotz übermäßigen „Teetrinkens“ – hochprozentige Rum-Cola aus der Thermoskanne – immer noch schöne Glenda: „Wenn du in dieser Welt hier aufwachst, Sweet Mister, dann musst du hellwach sein. Wenn du am Morgen zur Tür hinausspazierst, musst du hellwach sein, und zwar bis zum Abend, wenn die Lichter ausgehen.“
Eine Kindheit in den Ozarks, das wird bald klar, ist ein Kampf ums Überleben. Ein Kampf gegen Gewalt, gegen Drogen, gegen den Alkohol. Ein Kampf aber auch ums Dach über dem Kopf und ums tägliche Brot. „Schwerer brauner Staub lag auf der Straße und grobe Steine mit scharfen Kanten, die manchmal in die Autoreifen drangen wie Tomahawks. Überall, wo wir hinkamen, gab es Beeren.“ Und die sammeln Shug und Glenda, und als die Eimer voll sind, mischt Shug kleine Steine unter die Brombeeren – schließlich zahlt der alte Lake nach Gewicht. „‚Du bist ein raffinierter kleiner Mistkerl, Schätzchen.‘ ‚Du hast mich erzogen‘, erwiderte ich.“

Eine Kindheit in den Ozarks, das ist aber auch ein Kampf gegen die Natur. Während es im Winter „knochenkalt“ ist, lässt die brütende Hitze des Sommers den Schweiß aus den Buchseiten tropfen. Dazu kommt die Einsamkeit jenseits der kleinen Städte: Es gibt hier keine Dörfer, die kleinen Farmen liegen verstreut in den Tälern – manchmal mitten in der Wildnis: „Der Wald drängte von drei Seiten an den Hof und stand mürrisch da wie eine Menschenmenge, die geduldig wartete, aber nicht ganz sicher war, ob sie jemals eingeladen würde.“

Woodrells Romane sind in jedem Fall eine Einladung. Eine Einladung für Leser, die einen Blick in ein ländliches, wunderschönes Amerika fernab glitzernder Fassaden und funkelnder Vergnügungszentren werfen wollen. Eine Einladung aber auch in das dunkle Herz Amerikas.

Daniel Woodrell, "Der Tod von Sweet Mister" (Liebeskind, 192 Seiten, 16, 90 Euro)

Erschienen in der Nordsee-Zeitung, 4. 10. 2012, S. 4, im Rahmen der Serie "Mörderische Reisen"

Letzte Sätze #24

"Aber als er in den Lift stieg, als er zum allerletzten Mal den Krawattenknoten prüfte, spürte er einen kleinen, schmerzhaften Stich in der Brust. Einen Nadelstich, nicht mehr. Aus welchen dunklen Ecken der Vergangenheit drang im Augenblick des Triumphes dieses unvergleichliche Gefühl der Niederlage hervor?"
Giancarlo De Cataldo, "Romanzo Criminale"

Montag, 8. Oktober 2012

Letzte Sätze #23

"Ich habe keinen von allen wiedergesehen - außer denen von der Polizei. Denen Lebewohl zu sagen, ist noch kein Mittel erfunden worden."
Raymond Chandler, "Der lange Abschied"

Sonntag, 7. Oktober 2012

Letzte Sätze #22

"Es war ein kalter Oktoberabend in Paris, der einem Lust machte, sich in ein Hotel zu flüchten, unter warme Decken zu kriechen, in ein Bett, das man mit einem weichen, warmen Körper teilen konnte. Bei der fünften oder sechsten Runde hatte der schnurrbärtige Kellner beschlossen, die Flasche auf dem Tisch stehen zu lassen. Lupo nahm den letzten Schluck Calvados und beugte sich zu Daria. Sie achtete gerade nicht auf ihn. Lupo wartete darauf, dass sich ihre Blicke kreuzten."
Giancarlo De Cataldo/Mimmo Rafele, "Zeit der Wut"

Samstag, 6. Oktober 2012

Letzte Sätze #21

"Er hatte zwar kein Zuhause, aber doch das Gefühl, als würde er gerade von zu Hause weggehen. Die Nacht war noch jung. Als London auffiel, dass er immer noch da war, verkniff es sich ein Lächeln. So, so, schien es sich zu sagen, da wären wir also wieder, wir beide."
Oliver Harris, "London Killing"

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Letzte Sätze #20

"Irgendwo in dem Soldaten und Patrioten Jean-Louis Jeanmaire - obwohl er der letzte wäre, das zuzugeben - schlummerte ein Mann, der es zutiefst satt hatte, ein Schweizer zu sein."
John le Carré, "Ein guter Soldat"

Montag, 1. Oktober 2012

Letzte Sätze #19

"'Was gäbe ich dafür, in eurer Haut zu stecken. Ihr habt alles. Ihr seid jung, habt Geld, coole Klamotten, schöne Mädchen. Alles. Ihr seid Könige.'
Das sind wir, denkt Ben."
Don Winslow, "Kings of Cool"

Samstag, 29. September 2012

Letzte Sätze #18

"In der schönsten aller Pariser Nächte singt die befreite Stadt das Hohelied des Lebens."
Dominique Manotti, "Das schwarze Korps"

Mittwoch, 26. September 2012

Letzte Sätze #17

"'Was machen wir denn mit dem vielen Geld?' fragte Sonny. 'Was kaufen wir uns als Erstes?'
Das verblassende Sonnenlicht butterte die Hügelkämme ein, bis die Schatten sie wieder sauber leckten und sie sich in der frischen Nacht verloren. Die Vögel verstummten, als das letzte Licht davonflog. Ree stand auf und reckte sich. Das Zwielicht ließ den Schnee dunkler erscheinen, doch die Eiszapfen über ihrem Kopf leuchteten noch.
'Räder.'"
Daniel Woodrell, "Winters Knochen"

Montag, 24. September 2012

Letzte Sätze #16

"Und er träumt, Träume von einer glücklichen Zukunft, einer Zukunft voller Freude und Lachen.
Träume, in denen er bis in alle Ewigkeit leben könnte."
Ryan David Jahn, "Der Cop"

Sonntag, 23. September 2012

Letzte Sätze #15

"Der Kerl geht mir nicht durch die Lappen, den bring' ich um."

Jimmy Doyle (Gene Hackman) in "French Connection" (Regie: William Friedkin; Drehbuch: Ernest Tidyman; literarische Vorlage: Robin Moore)

Samstag, 22. September 2012

Letzte Sätze #14

"Ich lag still da, sah in die Dunkelheit und spürte ihr Haar nass an meiner Wange, wartete auf den Morgen."
Tana French, "Schattenstill"

Sonntag, 16. September 2012

Letzte Sätze #12

"Jetzt lächelte ich. Und sagte: 'Du bist Schauspielerin. Tu so, als hättest du Angst.'"
Ken Bruen, "London Boulevard"

Samstag, 15. September 2012

Letzte Sätze #11

"Stammkunden sind wertvoll, Earl, und das nächste Mal kassiere ich doppelt."

Mickey Haller (Matthew McConaughey) in "Der Mandant" (Regie: Brad Furman; Drehbuch: John Romano; literarische Vorlage: Michael Connelly)

Freitag, 14. September 2012

Letzte Sätze #10

"Der rote Käfer stand ganz in der Nähe. Aber es war kein Stern am Himmel, nicht ein einziger."
Emrah Serbes, "Behzat Ç - Jede Berührung hinterlässt eine Spur"

Donnerstag, 13. September 2012

Letzte Sätze #9

"'Lieber Gott, ich danke dir', flüsterte ich, 'für nichts.'"
Charles Willeford, "Schwarze Messe"

Montag, 10. September 2012

Letzte Sätze #8

"Ich stelle fest: Ich bin nach wie vor im Gefängnis."
Iain Levison, "Hoffnung ist Gift"

Samstag, 8. September 2012

Letzte Sätze #7

"Ich sagte doch: Ich geh nie wieder in'n Bau."
Neil McCauley (Robert De Niro) in "Heat" (Buch und Regie: Michael Mann)

Freitag, 7. September 2012

Letzte Sätze #6

"So waren die Sonnenaufgänge für sie und mich nie wieder."
Daniel Woodrell, "Der Tod von Sweet Mister"

Donnerstag, 6. September 2012

Mittwoch, 5. September 2012

Letzte Sätze #4

"No beast so fierce but knows some touch of pity.
But I know none, and therefore am no beast.
(William Shakespeare, Richard III)"
"Express in die Hölle" (Regie: Andrei Kontschalowski, Drehbuch: Edward Bunker et al.)

Donnerstag, 30. August 2012

Mittwoch, 29. August 2012

Letzte Sätze #2

"Ich will geschnappt werden."
Max Dembo (Dustin Hoffman) in "Stunde der Bewährung" (Regie: Ulu Grosbard, Drehbuch: Edward Bunker et al.)

Dienstag, 28. August 2012

Letzte Sätze #1

"Lieber der Boss in der Hölle als ein Diener im Himmel."
Earl (Willem Dafoe) in "Animal Factory" (Regie: Steve Buscemi, Drehbuch: Edward Bunker)

Freitag, 24. August 2012

Daniel Woodrell kommt nach Hamburg

Das Jahr geht so schnell vorüber, und es ist schon wieder Zeit fürs Harbour Front Literaturfestival.
Am Mittwoch, 12. September, liest Daniel Woodrell auf der "MS Bleichen", dem Schiff, auf dem im vergangenen Jahr Dominique Manotti gelesen hat.
Die Veranstalter schreiben über Woodrell:

Daniel Woodrell, 1953 geboren, wächst in St. Louis und Kansas City auf. Mit siebzehn verlässt er die Highschool ...
und meldet sich bei den Marines. Nach dem College nimmt er am renommierten Iowa Writers' Workshop teil. Sein Romandebüt "Cajun-Blues" erscheint 1986. Für den Roman "Tomato Red" erhält er 1999 den Preis des amerikanischen P.E.N., im selben Jahr verfilmt Ang Lee seinen Roman "Wer mit dem Teufel reitet". 2010 wird die Verfilmung von "Winters Knochen" beim Sundance Film Festival als bester Film ausgezeichnet. Daniel Woodrell lebt mit seiner Frau in Missouri.

Seinen jüngsten Roman "Der Tod von Sweet Mister" habe ich gerade gelesen - ein mitreißender Noir, zugleich feinfühlig und brutal, das Coming of age eines Jungen aus randständigen Verhältnissen in den Ozarks, einem hinterwäldlerischen Gebiet im Herzen Amerikas (Missouri/Kansas), dessen Kindheit zwischen der Gewalt seines kriminellen Vaters und der Liebe zu seiner Mutter dahinschwindet ... eine Geschichte, die man so schnell nicht wieder vergisst.