Donnerstag, 28. Februar 2013

La musique de Montale XII

"Ich fuhr mit dem Saab zurück. Ich hatte das Radio angestellt und war auf eine Sendung über den Tango gestoßen. Edmundo Rivero sang 'Garuffa'. Das passte jetzt am besten. Gélous Geständnis hatte mein Herz in ein Bandoneon verwandelt. Aber ich wollte nicht daran denken. Diese letzten Worte so weit wie möglich von mir wegschieben. Sie am liebsten vergessen.
(...)
So war ich also älter geworden. Zu zögerlich, um das Glück beim Schopf zu packen, wenn ich es vor der Nase hatte. Das hatte ich nie gekonnt. Auch keine Entscheidungen treffen. Oder Verantwortung übernehmen. Nichts von dem, was mir eine Zukunft beschert hätte. Aus Angst zu verlieren. Und ich verlor. Ein Verlierer."



Mittwoch, 27. Februar 2013

La musique de Montale XI

"'Welches Konzert?', fragte ich schließlich.
'Aber wo lebst du denn? Das Konzert. In der Friche. Mit Massilia.'
Die Friche ist die ehemalige Tabakfabrik. Ein Gelände von hundertzwanzigtausend Quadratmetern hinter dem Bahnhof Saint-Charles. Es erinnert an die von Künstlern besetzten Häuser in Berlin oder an das Kulturzentrum PSI in New York. In der Friche waren Ateliers, Studios, die Zeitung 'Taktik', Radio Grenouille, ein Restaurant und ein Konzertsaal eingerichtet worden.
'Fünftausend waren wir. Genial! Die Typen verstehen, dir einzuheizen.'
'Verstehst du denn Provenzalisch?'
Die Hälfte von Massilias Chansons war in ihrer Mundart. Dem maritimen Provenzalischen. Dem Marseiller Französisch, wie sie in Paris sagen. 'Parlam de realitat dei cavas dau quotidian', sangen Massilia.
'Was geht dich das an. Verstehen oder nicht verstehen. Wir sind Galeerensträflinge, keine Schwachsinnigen. Es reicht, wenn du das verstehst.'"




Dienstag, 26. Februar 2013

Sonntag, 24. Februar 2013

Letzte Sätze #76

"Hertha führte 3:0, der Aufstieg schien nun sicher.
Das, dachte er, war doch mal eine gute Nachricht."
Oliver Bottini, "Der kalte Traum"

Samstag, 23. Februar 2013

Donnerstag, 21. Februar 2013

La musique de Montale X

"Hinter der Tür hämmerte Rap in voller Lautstärke. Ich erkannte die Stimme von MC Solaar. 'Prose Combat'. Einer seiner Hits. Seit er an einem ersten Mai zwischen zwei Konzerten mit den Vorstadtjugendlichen an einer Rap-Textwerkstatt teilgenommen hatte, war er das Idol. Eine Frau brüllte. Das Geräusch wurde leiser. Ich nutzte die Gelegenheit, um ein zweites Mal zu klingeln. 'Es klingelt', rief die Frau. Mourad machte auf."



Montag, 18. Februar 2013

La musique de Montale IX

"Marie-Lou kam, in ein großes, dickes Handtuch gewickelt, zurück. Wir hatten sie fast vergessen. Ihre Erscheinung war wie ein frischer Luftzug. Sie sah uns an wie Verschwörer, steckte sich dann eine Zigarette an, schenkte uns großzügig Lagavulin ein und verschwand wieder im Innern der Wohnung. Kurz darauf hörten wir die Ziehharmonika von Astor Piazzolla, dann das Saxofon von Jerry Mulligan. Eine der schönsten musikalischen Begegnungen der letzten fünfzehn Jahre. 'Buenos Aires, Twenty Years After'."



Sonntag, 17. Februar 2013

Letze Sätze #75

"Sie sagte: 'Kennst du 'Frankenstein Junior'? Das Monster vögelt mit dieser, wie heißt sie noch?, und sie fängt an zu singen, von wegen, sie hat das süße Geheimnis des Lebens gefunden.'
'Wieso musst du denn jetzt daran denken?'
'Weiß ich auch nicht', sagte Jackie."
Elmore Leonard, "Raylan"

Samstag, 16. Februar 2013

La musique de Montale VIII

"Sie waren alle drei da. Honorine, Marie-Lou und Babette spielten auf der Terrasse Rommé. Im Hintergrund Petrucciani. 'Estate'. Eine seiner ersten Platten. Es war nicht die Beste. Andere, beherrschtere waren gefolgt. Aber diese hier troff vor Gefühlsduselei im Urzustand. Ich hatte sie nicht mehr gehört, seit Rosa gegangen war."



Donnerstag, 14. Februar 2013

La musique de Montale VII

"Die Hütte gehörte uns, sie war unsere Zuflucht. Wir schleppten all unsere Schätze dorthin: Bücher, Schallplatten (...) Dort hörten wir auch zum ersten Mal Ray Charles. Auf Gélous altem Plattenspieler. Es waren die 45er-Scheiben des Konzerts von Newport. 'What'd I Say' und 'I Got a Woman'. Irre. Immer und immer wieder drehten wir die Platte um.
Honorine hielt das nicht mehr aus. 'Heilige Mutter! Wollte Ihr uns in den Wahnsinn treiben?", rief sie von der Terrasse. Und die Fäuste in die kräftigen Hüften gestemmt, drohte sie, sich bei meinem Vater zu beschweren."



Mittwoch, 13. Februar 2013

Letzte Sätze #74

"'Ich muss Ihnen eine Frage stellen, Senator.'
'Schießen Sie los.'
'Würde es Ihnen gefallen, Präsident zu werden?'
Fast zehn Sekunden vergingen, ehe der Senator in gedämpftem Ton antwortete: 'Sehr.'
'Dann sollten wir uns bald einmal unterhalten, meine ich', sagte Draper Haere."
Ross Thomas, "Mördermission"

Dienstag, 12. Februar 2013

Letzte Sätze #73

"Er hatte nicht mehr genug, um sich selbstständig zu machen, aber er hatte vierundzwanzig Stunden Zeit und ausreichend Kohle, um nach Kanada zu kommen. Außerhalb von Crowleys Reichweite. Dort wartete ein riesiger Markt auf eine so große Nummer wie ihn. Er war bereit für neue Dinger. Als er die Straße entlangschlenderte, pfiff er leise vor sich hin."
Edward Bunker, "Lockruf der Nacht"

Sonntag, 10. Februar 2013

La musique de Montale VIb

"'Das und andere Sachen. Mein Geschmack hat sich kaum geändert. Aber ich kann Antonio Machin für dich auflegen, wenn dir das lieber ist. 'Dos gardenias por amor ...', summte ich und deutete ein paar Schritte Bolero an.
Es brachte sie nicht zum Lachen. Vielleicht bevorzugte sie Julio Iglesias! Ich vermied es, sie danach zu fragen, und verschwand Richtung Küche."



La musique de Montale VIa

"Ich setzte zum zweiten Mal Kaffee auf. Ich hatte eine Platte von Bob Dylan aufgelegt. Das Album 'Nashville Skyline'. Mein Lieblingsalbum. Mit 'Girl from the North Country' im Duo mit Johnny Cash. Ein wahrer Schatz.
'Das ist aber eine alte Platte. Die hab ich schon ewig nicht mehr gehört. Du hörst so was immer noch?' Die letzten Worte klangen beinahe angewidert."




Samstag, 9. Februar 2013

La musique de Montale V

"Er hörte den ersten Akkord auf der Gitarre von 'Entre dos aguas'. Paco de Lucia. Lole hatte die Lautstärke aufgedreht. Sie stand mit gekreuzten Armen vor der Stereoanlage und rauchte.
'Du versinkst in Erinnerungen.'
'Rutsch mir den Buckel runter.'
Er nahm die Pistole, lud sie, sicherte sie und klemmte sie am Rücken zwischen Hemd und Hose. Sie hatte sich umgedreht und verfolgte jede seiner Bewegungen.
'Beeil dich. Ich will nicht, dass du den Zug verpasst.'
'Was wirst du tun?'
'Für Durcheinander sorgen. Hoffe ich.'"




Mittwoch, 6. Februar 2013

Letzte Sätze #72

"'Wie war's denn in San Francisco?'
'Fein', sagte ich.
'Werden Sie dort nun ein zweites Lokal eröffnen?'
Padillo schüttelte den Kopf. 'Ich glaube nicht.'
'Warum nicht?'
'Wir fanden, es mangelte dort am richtigen Ambiente', sagte ich."
Ross Thomas, "Die Back-up-Männer"

Dienstag, 5. Februar 2013

Letzte Sätze #71

"Die drei Söhne standen in Reih und Glied und sahen auf die verlassene schwarze Straße. Schließlich legte Rene eine hohle Hand ans Ohr und fragte: 'Hört Ihr's?'
Tip nickte langsam und sagte: 'Huup, huup ...'
Sie erkannten den Auftakt, und alle drei Söhne hoben gemeinsam die Gläser, prosteten der dunklen Straße zu, als würden sie einen ganz bestimmten projektilförmigen 51er Ford sehen, der in ihre Richtung rollte, und sagten unisono: 'He, Arschlöcher.'"
Daniel Woodrell, "John X"

Montag, 4. Februar 2013

Letzte Sätze #70

"Und im nächsten Augenblick zerrte Wanda Bone Bouvier, blutverschmiert und dreckig, an seiner Schulter. Als sie die Leiche sah, schnappte sie nach Luft und stöhnte: 'O danke, lieber Gott, nur dieses eine Mal.'"
Daniel Woodrell, "Der Boss"