Dienstag, 2. Juli 2013

La musique de Montale XLIII


„Sie waren zu acht. Sechzehn bis siebzehn Jahre alt. Sie kamen vom Alten Hafen herauf. Wir warteten in der Metrostation des Bahnhofs Saint-Charles auf sie. Sie hatten sich im vorderen Teil eines Wagens breit gemacht. Auf den Sitzen stehend schlugen sie zum Rhythmus aus dem Kassettenrecorder gegen Wände und Scheiben, als seien es Trommeln. Die Musik im Blut. Rap, natürlich. IAM erkannte ich. Eine Top-Band aus Marseille. Sie war oft auf Radio Grenouille zu hören, dem Gegenstück zu Nova in Paris. Es brachte alle Rap- und Ragga-Gruppen aus Marseille und dem Süden. IAM, Fabulous Trobadors, Bouducon, Hypnotic, Black Lions. Und Massilia Sound System, die im Milieu der Fanclubs der Ultras in der südlichen Kurve der Radrennbahn geboren wurden. Das Ragga- und Hip-Hop-Fieber hatte von der Gruppe auf Anhänger von Olympique Marseille und schließlich auf die ganze Stadt übergegriffen.
(…)
Und es schlug und schlug im Zug. Tam, tam, tam aus Afrika, der Bronx und vom Mars. Rap war nicht mein Fall. Aber die Texte von IAM, das musste ich zugeben, kamen gut. Schön und gut. Außerdem hatten sie Groove, wie man sagt. Ich brauchte nur den beiden Jungen zusehen, die vor meiner Nase tanzten.
Die Passagiere hatten sich in den hinteren Teil des Wagens zurückgezogen. Sie senkten die Köpfe, als hörten und sähen sie nichts. Sie dachten sich trotzdem ihren Teil. Aber wozu das Maul aufreißen? Um einen Messerstich zu kassieren? An der Station zögerten die Leute einzusteigen. Sie drängten sich im hinteren Teil zusammen. Seufzend und zähneknirschend, im Kopf den Traum einer Tracht Prügel. Und von Mordgelüsten.“




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