Donnerstag, 24. Dezember 2015

Letzte Sätze #345


„Die Kleine hob wieder ihre Finger, um auf jemanden zu zeigen. Herrgott, was für schlechte Manieren. Die junge Frau, dürr, marschierte stolz unter unseren Blicken, prahlte mit ihrem neuen Haarschnitt. Sie verschwamm vor meinen Augen. Die Kleine beobachtete, wie sie davonging. Später, als sie sie aus den Augen verloren hatte, flüsterte sie mir ins Ohr: ,Sie hat Papas Flaggenuhr getragen.‘ Ich zuckte mit den Schultern. Nahm sie auf den Schoß. Wir sahen zu, wie es Nacht wurde.“
Antonio Ortuňo, „Die Verbrannten“

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Letzte Sätze #344


„Da kommen sie. Pfarrer McConnell sagt, Gebete helfen. Wenn Sie bis hierher gelesen haben, dann sagen Sie doch eins für mich, und für Cora, und bitten Sie, dass wir zusammen sind, wo immer es auch sein mag.“

James M. Cain, „Die Rechnung ohne den Wirt“

Dienstag, 1. Dezember 2015

Letzte Sätze #343


„Ein schöner Gedanke, fand sie. Kabangu im Tod zu retten, wenn es ihr im Leben schon nicht gelungen war.“

Oliver Bottini, „Im weißen Kreis“

Freitag, 27. November 2015

Letzte Sätze #342


„Ich schließe die Augen. ,Er kippt weg‘, sagt eine Stimme, in dem Moment, in dem ich endlich beginne, ins Leben zurückzukehren.“

Jan Costin Wagner, „Kleine Monde“, in: Ders., „Sonnenspiegelung“

Letzte Sätze #341


„Am Anfang dieses Buches schrieb ich, dass es eine Geschichte des Hasses sei, und als ich nun an Henrys Seite zu unserem abendlichen Glas Bier ging, da kam mir das einzige Gebet in den Sinn, das meiner winterlich düsteren Stimmung gerecht wurde: ,O Gott, Du hast genug getan, Du hast mir genug geraubt. Ich bin zu müde und zu alt, als dass ich mit der Liebe von neuem beginnen könnte. Darum lass mich, bitte, für immer allein.‘“

Graham Greene, „Das Ende einer Affäre“

Freitag, 30. Oktober 2015

Letzte Sätze #340


„,Alfredo, mein guter Alfredo! Was hast du dir denn um Gottes Willen gedacht? Du verteufelst uns ja den schönsten Herrenabend!‘“

Friedrich Dürrenmatt, „Die Panne“

Dienstag, 27. Oktober 2015

Letzte Sätze #339


„Samouf hatte es gewagt, ihm ein Bündel Dollarscheine ins Gesicht zu werfen! Wofür hielt sich dieser Libanese? Sich am soro zu vergreifen! Das war unverzeihlich.“
Gary Victor, „Soro“

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Letzte Sätze #338


„Maria bückte sich und hob den Umschlag auf. Steckte ihn in die Tasche. Niemand schien es gesehen zu haben. Sie stand dort, wo er zu Boden gefallen war. Auf dem Schnee und dem Blut. Weiß. Rot. Seltsam schön. Wie die Robe eines Königs.“

Jo Nesbø, „Blood on Snow – Der Auftrag“

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Letzte Sätze #337


„Langsam, langsam tanzten einige Schneeflocken vor meinen Augen. Eine von ihnen landete in meinem Pfeifenkopf und schmolz mit einem kurzen Zischen.“
Léo Malet, „Makabre Machenschaften am Boul’ Mich’“

Montag, 19. Oktober 2015

Letzte Sätze #336


„,Ich hätte so gerne gelebt‘, sagte ich. Ich ging hinaus.“

Léo Malet, „Das Leben ist zum Kotzen“

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Letzte Sätze #335


„Eine saubere Sache! Hatte mir nichts als Ärger eingebracht. Und jetzt standen die Flics vor mir. Der Ärger war noch nicht zu Ende!“

Léo Malet, „Die Ratten im Mäuseberg“

Donnerstag, 17. September 2015

Letzte Sätze #334


„Sekunden später war das Urteil vollstreckt!“
Léo Malet, „Die Sonne scheint nicht für uns“

Mittwoch, 16. September 2015

Letzte Sätze #333


„Die Vögel sangen; einige Augenblicke lang wusste er nicht, welcher Tag heute war. Dann fiel es ihm ein. Sonntag.“

Friedrich Ani, „Der namenlose Tag“

Montag, 14. September 2015

Letzte Sätze #332


„Ich ging hinaus und ließ die Tür hinter mir offen.“

Robert B. Parker, „Kevins Bartlett ist verschwunden“

Freitag, 11. September 2015

Letzte Sätze #331


„Der alte Mann schlief und träumte von den Löwen.“

Ernest Hemingway, „Der alte Mann und das Meer“

Mittwoch, 9. September 2015

Letzte Sätze #330


„,Schluss mit dem Liebesgeflüster‘, antwortete sie. ,Runter mit den Kleidern.‘“

Robert B. Parker, „Endspiel gegen den Tod“

Dienstag, 1. September 2015

Letzte Sätze #329


„Der Typ lächelte, fragte: ,Haben Sie denn keine Manieren?‘“

Ken Bruen, „Kaliber“

Mittwoch, 26. August 2015

Veranstaltungstipp

Merle Kröger liest aus HAVARIE
HARBOUR FRONT LITERATURFESTIVAL
Mittwoch, 9. September 2015, 21 Uhr
Moderation: Else Laudan (Verlegerin Argument Verlag)
Cap San Diego, Überseebrücke, 20459 Hamburg
Eintritt 13 Euro

Kartenverkauf unter:
http://harbourfront-hamburg.com/veranstaltung/merle-kroeger

Montag, 24. August 2015

Letzte Sätze #328


„,Bist du noch bei mir, Boyle?‘ Er hörte keinen Laut. ,Bist du bei mir?‘ ,Ja, Mr. Präsident.‘“
Jerome Charyn, „Citizen Sidel“

Freitag, 21. August 2015

Letzte Sätze #327


„Und Crabbin? Oh, Crabbin zankt sich immer noch mit dem British Council wegen Dexters Reisesepesen. Die Gesellschaft behauptet, sie könne nicht gleichzeitig in Stockholm und Wien Zahlungen leisten. Armer Crabbin. Aber arm sind wir schließlich alle, wenn man beginnt, darüber nachzudenken.“

Graham Greene, „Der dritte Mann“

Donnerstag, 20. August 2015

Letzte Sätze #326


„,Mehr ist es auch nicht‘, sagte ich. , Bloß eine Antwort.‘ Eine bessere fiel mir nicht ein, nicht einmal, nachdem Demeter gegangen war und ich lange Zeit mit der Hand am Telefon dastand und zu einem Entschluss zu kommen versuchte, wen ich in Rotterdam anrufen sollte. Oder ob ich überhaupt jemanden anrufen sollte.“

Ross Thomas, „Der Messingdeal“

Mittwoch, 19. August 2015

Letzte Sätze #325


„Eine Gesellschaft hat die Helden, die sie sich fabriziert, die Helden, die sie verdient. Wir sind hier nicht in den Vereinigten Staaten? Noch nicht. Schauen Sie sich Madoff gut an: Er ist der Held der kommenden Jahre. Sie haben Angst? Das verstehe ich. Ich auch. Und ich bin immer noch zornig.“
Dominique Manotti, „Madoffs Traum“

Dienstag, 18. August 2015

Letzte Sätze #324


„,Siehst du, Tony‘, rief sie ihm zu, ,sie haben uns nicht getrennt!‘“
Georges Simenon, „Das blaue Zimmer“

Dienstag, 7. Juli 2015

Letzte Sätze #323


„Laidlaw lachte und bedeutete ihr, sie möge heraustreten und mit ihm tanzen. Während Gus sie beobachtete, wie sie gesetzt über den Bürgersteig schwangen, dachte er betrunken, dass er etwas Wunderbares sah, einen Geist so voller Lebensfreude, dass sogar das Schlangestehen dadurch eine eigene Ästhetik bekam.“

William McIlvanney, „Die Suche nach Tony Veitch“

Montag, 29. Juni 2015

Letzte Sätze #322


„Als er beim Eldorado Hotel ankam, erwartete Old Man Zuckerman ihn in der Lobby mit einer frischen, säuberlich gefalteten Papierserviette.“

Charles Willeford, „Miami Blues“

Freitag, 26. Juni 2015

Letzte Sätze #321


„Wenn so ein alter Grieche fünfmal hintereinander Olympiasieger werden kann, kann ich erst recht die Kurve kriegen. Du wirst schon sehen!“

Liza Cody, „Eva sieht rot“

Dienstag, 26. Mai 2015

Letzte Sätze #320


„Weit draußen, wo der Horizont verschwamm und Nebel aufstieg, sah ich etwas auf der Wasseroberfläche treiben. Es bewegte sich vor und zurück, wie eine Boje in der Strömung. Ich konnte nicht so recht erkennen, was es war, lediglich einen schlanken weißen Körper und etwas, was aussah wie ein goldener Helm. Es schien näher zu kommen, auf die Küste zuzutreiben. Ich beobachtete es, bis die Sonne unterging und der Himmel dunkel wurde. Dann ging ich zu Bett und träumte von meiner jüngsten Vergangenheit.“

Buddy Giovinazzo, „Piss in den Wind“

Montag, 25. Mai 2015

Merle Kröger, "Havarie": Das Drama auf dem Meer


Zwölf Seemeilen vor der spanischen Küste passiert es: Zwei Welten kollidieren. Hier die „Spirit of Europe“, eines der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt, dort das kleine Schlauchboot, dem im Nebel der Sprit ausgegangen ist. Was sich wie eine alltägliche Nachricht liest, rückt die deutsche Autorin Merle Kröger in ihrem spannenden neuen Buch „Havarie“ ganz nah an den Leser heran.

 Das Elend der Flüchtlinge und das gelangweilte Desinteresse im reichen Europa, sie haben viel miteinander zu tun. Diese Erkenntnis blitzt bei der unvoreingenommenen Lektüre dieses wie ein Thriller geschriebenen Romans schmerzhaft auf. Wie der deutschen Drehbuchautorin Merle Kröger (Jahrgang 1967) das gelingt, ist brillant. Quasi dokumentarisch fächert der fiktive Text in filmisch ineinander geschnittenen Szenen Leben und Schicksale der Protagonisten auf.

 Da ist der syrische Arzt, der vor dem Terror Assads flüchtet, dort die gelangweilte Millionenerbin, die eine Kreuzfahrt als Jagdrevier für amouröse Abenteuer versteht. Hier der junge Algerier, der dem perpektivlosen Stillstand seiner Heimat zu seiner Verlobten nach Frankreich entkommen will, dort der Sicherheitsoffizier der US-Reederei, der sich seine Karriere nicht durch unvorhergesehene Probleme an Bord vermasseln will. Hier der arbeitslos gewordene Fischer, der bei der spanischen Seenotrettung eine neue Lebensperspektive gefunden hat, dort der ukrainische Maschinist, der auf seinem Frachter den Einberufungsbefehl für den Einsatz im Bürgerkrieg erhält.

 Was zur moralischen Anklage mit erhobenem Zeigefinger geraten könnte, gewinnt bei Kröger menschliche Tiefe. Kein Schwarz-Weiß, sondern in verschiedensten Grautönen changierende biografische Schlaglichter geben jeder Person Profil. Wohl auch deshalb packt den Leser das Drama dieser wagemutigen Überfahrt, die bei einem Unwetter auf offenem Meer zur Katastrophe zu werden droht.

 Ein Schlüsselmoment für ihren Roman seien Videoaufnahmen von der Begegnung eines Kreuzfahrtriesen mit einem Flüchtlingsboot gewesen, sagte Merle Kröger kürzlich in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur. Daraus habe sich für sie die Frage entwickelt, wer da eigentlich derzeit auf dem Mittelmeer unterwegs sei: „Wie kann man daraus Biografien ableiten, die die Leute in dem Schlauchboot und die Leute auf dem Kreuzfahrtschiff und die Leute, die auf den Frachtern fahren, und die Leute, die auf den Seenotrettungskreuzern fahren, auf eine Augenhöhe bringen?“

 Eine Aufgabe, der die 1967 in Plön geborene und heute in Berlin lebende Autorin auf beeindruckende Weise gerecht geworden ist. „Havarie“ ist nicht nur spannende Literatur, es ist auch eine hochaktuelle Dokumentation, die die täglich über die Mattscheibe flimmernden und doch sehr weit weg wirkenden Bilder der Flüchtlingskatastrophe vor der Haustür Europas auf berührende Weise erklären und nahebringen.
(Aus: Nordsee-Zeitung, 22.5.2015, S. 6)

Donnerstag, 21. Mai 2015

Wiedergelesen (Erste Sätze #1)


„,Es geht um meinen Onkel‘, sagte der Mann am Telefon. ,Er ist weg. Wir haben ihn im Sturm verloren.‘“

Sara Gran, „Die Stadt der Toten“

Montag, 18. Mai 2015

Letzte Sätze #319


„Wir wuschen seinen alten Jeep, und wir wienerten den Lack, bis er wieder glänzte. Wir brachten den Jeep, so gut wir konnten, wieder in Ordnung und mit ihm auch alles andere.“

Robert Crais, „Straße des Todes“

Donnerstag, 23. April 2015

Donnerstag, 16. April 2015

Letzte Sätze #317


„,Mit Revolvern ist jetzt Schluss‘, sagte ich. Schluss jetzt mit allem, Letitia.“

Ross Macdonald, „Gänsehaut“

Mittwoch, 18. März 2015

Letzte Sätze #316


„,Ich dachte bis vor Kurzem, mein großer Bruder hätte mit dem Dschihad den falschen Weg gewählt. Ich weiß jetzt, dass er den einzig richtigen gegangen ist. Ich werde ihm folgen. Mein Name ist Dilek Bayraktar.‘ Das Bild wurde schwarz. 01:01:27:38“

Zoë Beck, „Schwarzblende“

Mittwoch, 11. März 2015

Letzte Sätze #315


„Sie lachte auf, warf dem Ding auf dem Fußboden einen fast höhnischen Blick zu und sagte: ,Was ist, Jungchen, es ist doch nur die eine Kehle, oder?‘ Dann ging sie aus dem Zimmer, verließ das Hotel und fuhr ins Stadtzentrum von Los Angeles.“
Jim Thompson, „Die Abzocker“

Donnerstag, 26. Februar 2015

Letzte Sätze #314


„Zusammen tranken sie ihren Kaffee, zusammen bliesen sie die Lampe aus. Und in der westtexanischen Nacht, in der unglaublichen, herzzerreißenden Schönheit der Nacht, fanden Tom Lord und Donna McBride endlich ihren Frieden.“

Jim Thompson, „Die Verdammten“

Dienstag, 17. Februar 2015

Letzte Sätze #313


„,Sagen Sie mir, was Sie haben wollen‘, sagte Robert. ,Mal überlegen‘, sagte Dennis, schwieg einen Moment und fragte dann: ,Kennen Sie jemanden in Orlando?‘“
Elmore Leonard, „Spring oder stirb“

Mittwoch, 4. Februar 2015

Letzte Sätze #311


„Wieder ein Fall gelöst. Wieder ein Leben ruiniert.“

Stuart MacBride, „Die dunklen Wasser von Aberdeen“

Mittwoch, 21. Januar 2015

Letzte Sätze #310


„Das Blau des herbstlichen Himmels war so hart, dass man ein Streichholz hätte daran anreißen, das gelbe Licht so weich, dass es in einem Eichenfass hätte gereift sein können.“
James Lee Burke, „Neonregen“

Montag, 12. Januar 2015

Letzte Sätze #309


„Mein Gott! Mein Gott! Was sind wir plötzlich gebildet! Bildung ist für den Arsch.“

Shuto Headline (Jean-Patrick Manchette), „Gebrüder Cain & Co.”, in: „Polars” („Charlie mensuel” Nr. 126, Juli 1979), nach: Jean-Patrick Manchette, „Chroniques. Essays zum Roman noir”

Donnerstag, 8. Januar 2015

Letzte Sätze #308


„Imperien kamen und gingen. Die unbezwingbare Natur der menschlichen Seele hingegen lebte ewig fort. Zumindest waren das die Lehren, die Hackberry Holland und Pam Tibbs aus ihren Erlebnissen zogen.“

James Lee Burke, „Regengötter“